Global gerecht wirtschaften

„Fortschritt für eine gerechtere Welt“ ist das vorgebliche Ziel der deutschen G7-Präsidentschaft, nämlich „zentrale Fragen der multilateralen Zusammenarbeit, den Zusammenhalt in und zwischen den Gesellschaften sowie gemeinsame globale Herausforderungen“ anzugehen.

Die harte machtpolitische Praxis der G7-Staaten ist aber von nationalstaatlichen, ökonomischen Eigeninteressen geprägt. Viele der im G7-Präsidentschaftsprogramm formulierten Ziele werden seit langem in transparenteren und partizipativeren Gremien der Vereinten Nationen besprochen. Entgegen der eigenen Darstellung, eine „Vorreiterrolle“ einnehmen zu wollen, sind es jedoch häufig gerade die G7-Staaten, die in UN-Gremien notwendige Reformen blockieren oder getroffene Vereinbarungen nicht erfüllen.

Das ist z. B. der Fall beim UN Binding Treaty, dem internationalen Abkommen zur menschenrechtlichen und ökologischen Regulierung von Unternehmen entlang ihrer globalen Liefer- und Wertschöpfungsketten, bei dem die G7 Staaten Verhandlungen im Rahmen der Vereinten Nationen boykottieren[1]. International getroffene Minimalvereinbarungen bezüglich der finanziellen Unterstützung von Ländern im Globalen Süden werden seit Jahrzehnten von den G7 Staaten gebrochen[2]. Auch hinsichtlich der Schaffung fairer und effizienter Strukturen für die nachhaltige Lösung von Schuldenkrisen haben die G7 Staaten in der Vergangenheit UN-Prozesse blockiert und werden ganz akut ihrer Verantwortung nicht gerecht, private Gläubiger in ihren eigenen Hoheitsgebieten zur Beteiligung an multilateralen Umschuldungen zu verpflichten[3]. Hinzu kommen Blockaden hinsichtlich einer effizienten internationalen Kooperation unter dem Dach der UN zur Bekämpfung von Steuervermeidung und Steuerflucht[4]. Die G7-Länder weigern sich auch weiterhin, zur effektiven weltweiten Bekämpfung der COVID-19-Pandemie einer zumindest zeitweisen Freigabe von Patenten und geistigen Eigentumsrechten für alle lebensrettenden Impfstoffe und Medikamente zuzustimmen[5].

Statt innerhalb der kapitalistischen Logik vor allem auf mehr (technologischen) Fortschritt und weiteres Wirtschaftswachstum zu setzen (wie es das deutsche G7-Präsidentschaftsprogramm impliziert) brauchen wir einen Systemwandel: Wir brauchen endlich eine wirklich gerechte Ausgestaltung der internationalen Produktions-, Handels- und Finanzstrukturen, die es erlauben, das Gemeinwohl und die öffentliche Daseinsvorsorge in den Mittelpunkt zu stellen sowie Klimaschutz und Klimagerechtigkeit engagiert voranzutreiben.


[1] https://www.cora-netz.de/

[2] https://www.forumue.de/rundbrief-i-2022-was-kostet-die-welt-nachhaltigkeit-braucht-gerechte-finanzsysteme/

[3] https://erlassjahr.de/wordpress/wp-content/uploads/2022/03/G7-Kampagne_Narrativ-dt.pdf

[4] https://www.netzwerk-steuergerechtigkeit.de/neue-un-steuerkonvention-vorschlag-fuer-eine-grundsaetzliche-reform-der-globalen-steuerarchitektur/

[5] https://www.attac.de/kampagnen/corona-was-wirklich-wichtig-ist/corona-und-globale-gerechtigkeit

Redaktioneller Hinweis: Dieser Text wurde von einer Arbeitsgruppe erstellt und stellt nicht notwendigerweise die Position aller an den Protesten beteiligten Gruppen dar.

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